Glosse 4

"Im Angesicht des unerbittlich nahenden Saisonstarts: Soll ich in meinem Kopf nun den Realisten oder den Visionär triumphieren lassen?" (25.7.01)

(TFid) Der schwarze Peter ist, machen wir uns doch nichts vor, schon längst verteilt. Und da wo er sich im Moment befindet, da gehört er auch hin.

Böse oder Gut, Schurke oder Held, Hagen oder Siegfried, Klaus Kinski oder Johne Wayne.

Auf der einen Seite steht der verbitterte, mißmutige und irgendwie dazu auch noch dummerweise kleinwüchsige grüne Kobold, der mit seinen kurzsichtigen Augen unwillig zu seinem ebenso großgewachsenen wie zufälligerweise auch noch blonden Gegenpart nach oben blicken muß, wie diese eherne Lichtgestalt mit siegessicherem Lächeln ihre Löwenmähne nach hinten wirft.

"Was redest Du da nur für einen depressiven Müll" so der überlegene Blonde zu der armseligen Trauergestalt, "Es geht doch jetzt wieder ganz von vorne los, wer nicht wagt, der nicht gewinnt, die kommende Euphorie wird auch Dich bald mitreißen, falls Du überhaupt ein Herz haben solltest, Du unwürdige Kreatur!"

Von der überlegenen Wucht dieser überzeugenden Argumente in die Knie gezwungen, bleibt dem grünen Kobold nur noch ein sinn- und planloses Stammeln: "Aber welche Zeichen hat der Himmel Dir denn gesandt, daß es ausgerechnet in dieser Turnier-Saison für unsere gerechte Sache besser laufen sollte als im letzten Jahr? Ein Teil unserer überragenden Recken wurde doch gegen einfache Knechte von minderer Qualität ausgetauscht, unsere Kriegskasse ist weiterhin leer und kein Krösus ist in Sichtweite, der mit seinen Talern unsere Not lindern könnte. Die Adeligen an der Spitze unseres Ordens gönnen sich selbst weiterhin ungeniert Kaviar und Wein, während unseren Leibeigenen unter Vorspiegelung falscher Tatsachen das letzte Hemd weggenommen wurde, nur damit unsere Ritter im Felde nun ein Schild auf ihrem Brustharnisch tragen können, auf dem "Eine Burg zum Leben" eingemeißelt wurde. Außerdem....."

"Papperlapapp, Du kleingeistiger Wichtigtuer" wischt mit einer demonstrativ energischen Handbewegung der überlegene Blonde die ebenso untauglichen wie geradezu böswilligen Einwände des fast haarlosen Kleinwüchsigen souverän beiseite, "Es geht doch jetzt wieder ganz von vorne los, wer nicht wagt, der nicht gewinnt, die kommende Euphorie wird auch Dich bald mitreißen, falls Du überhaupt ein Herz haben solltest, Du unwürdige Kreatur!"

Von solcherart klarer Argumentation fast die Luft zum Atmen genommen, spürt der unwürdige Kobold schon den glänzenden Stiefel unseres sympathischen und überlegenen Blonden schmerzhaft auf seiner Hühnerbrust, mit Aufbietung seiner letzten Kräfte gelingt es ihm aber noch ein letztes Mal seine brüchige Fistelstimme leise zu erheben: "Aber unsere Feinde haben doch allesamt mächtig aufgerüstet, stolze und kampferprobte Söldner sah ich in ihre Lager reiten....."

"Jetzt halte endlich Dein dreckiges Maul, Du schwarzmalender Nestbeschmutzter" ruft völlig zurecht der zornig erregte und an Lancelot in jungen Jahren erinnernde überlegene Blonde, während er mit einem einzigen Hieb seines in der Sonne glänzenden Schwertes die Leiden des verbitterten Kobolds beendet, indem er ihm den häßlichen Kopf von seinem schmächtigen Rumpf trennt, "Es geht doch jetzt wieder ganz von vorne los, wer nicht wagt, der nicht gewinnt, die kommende Euphorie wird Dich jetzt wohl nicht mehr mitreißen können, selbst wenn Du überhaupt ein Herz gehabt haben solltest, Du unwürdige Kreatur!"

Die ultimative intellektuelle Überlegenheit unseres löwenmähnigen Helden läßt jetzt allerdings keine weitere kleingeistige Entgegnung des nunmehr leblosen Kobolds zu, traurig hängt dem bösen Spötter die Zunge aus dem weit geöffneten Mund, während das aus seinen Halsschlagadern noch kurzfristig kräftig pulsierende Blut den weichen Sommerboden dunkelrot und warm durchtränkt....

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