Bericht zum Spiel
Deutschland - Ukraine 4:1

Fahrt mit dem Fan-Projekt zum Länderspiel

Im Zusammenhang mit der Nationalmannschaft trifft auf mich das Schimpfwort "Modefan" durchaus zu. Mein Herz kann ich halt nur einmal verschenken, und so kommt bei mir Begeisterung für die deutsche Elf eigentlich nur bei den beiden großen Turnieren auf, und selbst da kann mich Mißerfolg nicht allzu sehr erschüttern.

Um so erstaunlicher, daß es mich nun nach Dortmund verschlug, was aber auch nur auf eine zufällige Begegnung, und eine äußerst selten vorkommende Güte, zurückzuführen ist.

Das Schicksal wollte es so, daß im Sonderzug nach Darmstadt mir der Organisator dieser Länderspielfahrt gegenüber saß. Mit trockenem Mund, und durstigem Blick schielte er die ganze Zeit auf unsere Plastiktüte, in der sich zwei noch kühle Dosen Gerstensaft befanden. Meine spontane Eingebung, ihm meine letzte Dose Lebenselexier anzubieten, wunderte nicht nur mich selbst, sondern veranlaßte ihn dazu, uns zwei der begehrten Tickets anzubieten, inclusive der Versprechung, sich biermäßig entsprechend zu revanchieren.

Ehe wir uns versahen wechselten Tickets und Geldscheine ihre Besitzer.

Einziger Wermutstropfen bei dieser Aktion war, daß unser Hartgeldstricher aus dem Kamerun die Gelegenheit nicht ungenutzt ließ, sich an meinen Rockzipfel zu hängen. Da hatte ich von Anfang an kein gutes Gefühl bei, und dies sollte sich auch bestätigen...

Rechtzeitig vor Beginn der Rushhour verließen wir mit dem voll besetzten Bus das Rhein-Main Gebiet Richtung Dortmund. Die Besatzung bestand größtenteils aus bekannten Bieberer Berg Gesichtern, eine ziemlich bunte Mischung, die es in sich hatte.

Wie eigentlich immer in den vorderen Reihen Leute, die eher zum Organisationskomitee zu zählen sind. Danach sozusagen das breite Mittelfeld. Hier wird auch schon mal einer getrunken, alles hält sich aber noch im Rahmen.

Im unteren Mittelfeld beschloßen wir uns nieder zu lassen, immer mit direktem Kontakt zu den Abstiegsplätzen.

Von Reihe zu Reihe wurde die Luft stickiger, der Lärmpegel höher, ein hochexplosives Gemisch aus süßem Rauch und Biergestank bahnte sich nach und nach den Weg von der letzten Reihe bis hin zum Busfahrer. Dieser gab übrigens gleich am Anfang bekannt, daß wir uns in einem raucherfreundlichem Nichtraucherbus befinden. Diese Aussage war wohl doch etwas schwammig, für Nichtraucher brach eine eher harte Zeit an. Zu diesen zählte auch einer unserer ehemaligen Oberligaspieler, der sich zu meiner Überraschung im hinteren Hard Core Abteil niedergelassen hatte, aber keine Gelegenheit ungenutzt ließ, nach vorne zu stürmen (hätte er das damals auf dem Platz doch auch so geschickt gemacht...), um einmal tief ein und durchatmen zu können.

Nach einer mir endlos lang vorkommenden Irrfahrt rund um das Westfalenstadion, erreichten wir etwa eine Stunde vor Anpfiff den Busparkplatz.

Logischerweise schon ein buntes, reges Treiben, und schnell wurde mir der besondere Flair eines Länderspiels klar. Fußballfans aus der ganzen Republik, teilweise mit den Utensilien ihrer Vereine, zum großen Teil aber in dezentem Schwarz-Weiß, ungeachtet ihrer sonstigen Feindseligkeiten alle Anhänger einer Mannschaft. Das war selbst für mich, der ja wie bereits erwähnt ein eher unterkühltes Verhältnis zu dieser Mannschaft besitzt, schon durchaus beeindruckend.

Ein weiterer Unterschied zu einem normalen Bundesligaspiel dürften die fehlenden Ortskenntnisse der meisten gewesen sein. Vielen doch eher planlos herumirrenden, "wo geht’s denn jetzt zum Block 75..." , wurde durch die etwas mangelhafte Beschilderung das Leben nicht gerade einfacher gemacht.

Aber selbst wir haben es dann irgendwann geschafft, unseren Eingang zu erreichen, an dem sich dann mein komisches Gefühl ob meiner Begleitung auch bestätigte. Tausende von Menschen, alles friedlich, Deutsche und Ukrainer, relativ wenig Bullerei, kamen plötzlich zwei solche zielstrebig auf meinen Begleiter zu, und verlangten nach seinem Personalausweis. Na klasse, dachte ich, war ich mir doch erstmal unsicher, ob die Einwohner des Kameruns überhaupt einen solchen besitzen, und wenn ja, würde dann nicht sofort seine ganze Vergangenheit ans Tageslicht kommen?

Keine Ahnung warum, vielleicht haben es die Bullen auch einfach nur mit der Angst zu tun bekommen, durften wir dann doch tatsächlich noch den Eingang passieren, sogar mit einem leicht verbitterten "Viel Spaß" Wunsch ausgestattet.

Tja, und dann ab auf die Tribüne, und was soll ich sagen, das Westalenstadion schon echt beeindruckend. Die Tribünen steil, steiler, am steilsten. Man ist nicht weit vom Spielfeld entfernt, aber unter Umständen sehr weit über diesem. Ein äußerst imposanter Ausblick ließ mich einfach erstmal nur dastehen und schauen. Auch wenn ich niemals mit unserem heiligen und sympathischen Flair Berg tauschen möchte, das Stadion ist schon wirklich klasse, ein Bundesligaspiel möchte ich mir hier auf alle Fälle mal geben.

Über den Spielverlauf brauche ich euch nichts zu erzählen, für eine gute Stimmung natürlich wie maßgeschneidert, wenngleich ich diese als nicht so gut, wie in der Presse beschrieben, empfunden habe. In diesem Stadion könnte noch viel mehr gehen. Vielleicht war aber auch einfach zu schnell der Druck draußen, ein anpeitschen der Mannschaft ja eigentlich gar nicht nötig.

Unzählige male wurde versucht eine Welle zu starten, die aber fast immer im mittleren Block der Gegengerade hängen blieb. In diesem elitären Bereich soll sich übrigens auch ein Mitglied des Onlinefanclubs (der aus dem Westend) befunden haben. Naja, Geschmacksache, aber mein Ding wäre es nicht, bei jeder sich bietenden Gelegenheit es herraushängen zu lassen, ich habe Kohle, ich bin was besseres...Irgendwie echt widerlich, aber das gehört eigentlich nicht hier her!

Wie sicherlich die meisten, hatte natürlich auch ich eher mit einem Nervenspiel gerechnet. Aber so wurde es dann überraschenderweise ganz schnell zu einem Happening, welches vom Offenbacher Block auch entsprechend zelebriert wurde.

Nachdem es im Stadion Mitte der zweiten Halbzeit doch merklich ruhiger wurde, schallte es auf der Nord-Tribüne plötzlich aus ca. 50 Kehlen : "oh Schorsch is des schee, oh Schorsch is des schee". Natürlich kam auch der Klassiker der geilen Jungs aus der Lederstadt, das hat so richtig Spaß gemacht! 50 Leute reichen in solch einem Stadion natürlich nicht zur komplett Beschallung, aber ein zumindest ein großer Teil der Nord-Tribüne rieb sich verwundert die Augen, Mütter waren zu beobachten, die mit einem Fingerzeig ihren Kindern erklärten: "schau mal, das sind die bekannten Offenbacher Fans".

Ich denke wir haben uns nachhaltig und gut präsentiert, eine rundum gelungene Veranstaltung, die wir nach Abpfiff zielstrebig verließen.

Am Bus angekommen war es dann aber mit der Zielstrebigkeit auch schon vorbei. Fast zwei Stunden haben wir gebraucht, um dem Verkehrschaos zu entkommen, und so war es schon weit nach Mitternacht, bis wir die sehr nah gelegene Autobahn erreicht haben.

Eigentlich stand nun einer gemütlichen Heimfahrt nichts mehr im Wege, wenn da nicht die völlige Audio-Vergewaltigung stattgefunden hätte. Ob es an der Willenlosigkeit der schon etwas angeschlagenen Busbesatzung, oder an fehlender Alternative gelegen hat, keine Ahnung. Aber die Musik war einfach nur grausam, und dies dazu auch noch streckenweise echt laut. Ich wußte gar nicht, daß es so schlimme Mucke überhaupt gibt, Gott sei Dank konnte ich aber trotzdem irgendwann einschlafen, um gegen 4 Uhr in Offenbach wieder zu mir zu kommen.

Alles in allem ein echtes Erlebnis!

Akki