Zeitungsartikel aus dem Leverkusener Stadtanzeiger (September 97)

Freundschaft steht nicht nur auf den Schals

Fans von Bayer 04 und Kickers Offenbach sind einander treu ergeben. Dabei begann vor 17 Jahren alles mit einem bösen Foul an Bum Kun Cha.

von Hartmut Zietzen
Es begann alles mit einem Foul. Jürgen Gelsdorf, damals noch Spieler in Diensten von Bayer 04 beförderte den Frankfurter Stürmer Bum Kun Cha bei einem Heimspiel im Ulrich-Haberland-Stadion mit einer rüden Attacke ins Krankenhaus. Empörte Eintracht-Fans schworen den Leverkusenern blutige Rache im Rückspiel. Die Vergeltungsaktion wurde vereitelt. Anhänger des lokalrivalen Kickers Offenbach - der Eintracht ohnehin nicht wohlgesonnen - nahmen die Bayer 04-Fans in ihren Block auf und beschützten sie vor den "Rächern". Das ist inzwischen mehr als 17 Jahre her. Aber
die in der Saison 79/80 geknüpften Freundschaftsbande bestehen heute noch und haben sogar die ernste Prüfung der Relegation in der Saison 81/82 überstanden. Als Bayer 04 und Kickers Offenbach in zwei Spielen untereinander ausmachen mußten, welche der beiden Mannschaften in die zweite Liga absteigt. Einer, der damals dabei war, erinnert sich: "Ich weis noch, wie die Leverkusener nach dem Abpfiff quer über den Rasen auf unsere Kurve zurannten, daß der Polizei himmelangst wurde. Die Beamten fürchteten schon das schlimmste - und waren völlig von den Socken, als die Bayer 04-Fans dann anfingen unsere Hymne zu singen und den OFC zu feiern." trotz der Entfernung hat "Jav-Pi" Jean-Pierre Samer seitdem kaum ein Spiel im Haberlandstadion verpaßt. Der 36jährige kaufmännische Angestellte aus Offenbach ist nur einer von vielen OFC-Fans, die regelmäßig die Reise ins Rheinland antreten, um ihre Leverkusener Freunde zu unterstützen. Zu wichtigen Spielen - und dazu zählt die Begegnung mit Tabellenführer Kaiserslautern - sind ganze Trupps aus dem Hessischen in Wohnwagen unterwegs. Längst sind persönliche Freundschaften und sogar einige Ehen entstanden. Für seine eigene Hochzeit im Frankfurter Römer verpflichtete Jay-Pi den Präsidenten des 1. Fan-Clubs Bayer 04, Rheinhard "Theo" Theobald, als Trauzeugen. "Die Freundschaft unserer Fanclubs ist im bezahlten Fußball so ziemlich einmalig. Etwas vergleichbares gibt es höchstens noch zwischen Schalke und Nürnberg." sagt Theo und verweist auf die extra angefertigten Schals: "Marmorstein und Eisen bricht, aber unsere Freundschaft nicht" ist darauf unter dem Namen beider Städte eingewebt. Wie es weitergeht, weiß Jay-Pi auch schon: "Heute schlagen wir Kaiserslautern erst einmal 3:1. Leverkusen wird Deutscher Fußballmeister 2000 und 2001. Und dann zum Hundertjährigen ist der OFC auch wieder in der ersten Liga."