Bericht vom Spiel
Kickers Offenbach -
Sportfreunde Siegen

Um die unerfreuliche Serie der torlosen Heimunentschieden zu beenden, entschloß sich Ramon Berndroth im Spiel gegen die Sportfreunde Siegen, die bisher so erfolgreiche OFC-Mannschaft auf einigen Positionen zu verändern. Während die Aufstellung von Dario Fossi als Libero und der Einsatz von Matthias Becker auf der für ihn völlig ungewohnten linken Mittelfeldseite auf die Ausfälle des verletzten Manni Binz und des gelb-rot-gesperrten Alderigi zurückzuführen waren, rutschten Samir Naciri und Tobias Schindler in die Anfangself, um das Sturmspiel zu beleben.

Schon in den ersten Minuten wurde den etwa 8000 Zuschauern deutlich, daß die Maßnahmen des Trainers in dieser Partie nicht ohne Folgen bleiben sollten. Angriff auf Angriff rollte auf das Siegener Tor, wobei sich insbesondere Naciri durch seine Ballgewandheit und Matze Becker, dessen Dribblings nur durch Fouls zu stoppen waren, hervortaten. Möglichkeiten zum Torschuß ergaben sich gegen die kompakte Siegener Abwehr jedoch zunächst nur durch Standardsituationen.

Nachdem sich Naciri bei Freistößen aus halblinker Position zweimal vergeblich versucht hatte, legte er bei der dritten Gelegenheit den Ball nach rechts, wo Angelo Barletta bereits Anlauf genommen hatte. Worauf wir seit Kolingers Zeiten gewartet hatten, wurde nun endlich wieder zur Realität. Barlettas rechter Fuß traf den Ball ideal und so flog die Kugel wie an der Schnur gezogen die 30 Meter Richtung langer Torecke, senkte sich noch ein wenig und schlug im Netz ein. Vielleicht war es eher Glück als Pech für Siegens Keeper, daß er diese Granate nicht mehr erreichen konnte, denn womöglich wäre er sonst mitsamt Ball im Tor gelandet.

Von diesem Traumtor euphorisiert peitschten die OFC-Fans ihre Mannschaft in der Folgezeit immer wieder nach vorne und die LaOla machte die Runde im Stadion, wobei sich später sogar die mitgereisten Siegerländer beteiligten. Was blieb ihnen auch übrig, sahen sie doch von ihrem eigenen Team praktisch keine nennenswerten Angriffe. Einzig der Sportfreunde-Rechtsaußen, der sich durch seine für Regionalliga-Verhältnisse exorbitante Schnelligkeit auszeichnete, konnte Matze Becker, der in Defensivsituationen zwar alles versuchte, dennoch aber manchmal seine Probleme hatte, das ein oder andere mal entwischen.

Die Flanken fanden jedoch dankbare Abnehmer in Cesar Thier oder der Verteidigern, allen voran im sehr starken Dario Fossi. Ganz anders lief es auf der anderen Seite, wo der OFC weiter das Gästetor berannte. Fossis Steilpaß überlistete Siegens Abseitsfalle, Patrick Würll startete, umkurvte noch den Torwart, ließ sich dann aber doch noch zu weit abdrängen, so daß ein Abwehrspieler in höchster Not noch retten konnte. Als Matthias Becker nach einer Ecke plötzlich im Fünfmeterraum frei zum Schuß kam, jedoch am Torwart scheiterte, beschlich so manchen Zuschauer das Gefühl, das könnte noch schief gehen. Zu viele Chancen wurden vergeben, aber darin bestand auch schon das einzige Manko dieser ersten Hälfte, die ich insgesamt als die stärkste Halbzeit des OFC seit sehr, sehr langer Zeit bezeichnen möchte.

Vor dem Wiederanstoß bildeten die Gästespieler einen Kreis und schworen, in der verbleibenden Spielzeit nochmals alles zu versuchen und nicht ohne Punkte nach Hause zu fahren. In der Tat übernahmen sie zunächst dann auch die Regie, stoppten die etwas zu unkonzentriert vorgetragenen Offenbacher Angriffe recht früh und setzten zu Gegenangriffen an. Chancen gegen die sicher stehende Abwehr um Fossi ergaben sich jedoch nicht und bevor Unheil geschehen konnte, machte der OFC nach einer knappen Stunde alles klar.

Eine Ecke von Naciri verlängerte Zitouni mit dem Kopf und Tobias Schindler drückte den Ball aus kürzester Distanz ein. Die endgültige Entscheidung fiel dann direkt im Gegenzug, als Siegen seine einzige aussichtsreiche Torchance vergab. Der auf halblinks freigespielte Angreifer drang in den Strafraum ein, Cesar Thier lief bereits heraus, brauchte dann aber nicht mehr eingreifen, denn abermals klärte Dario Fossi, der in Windeseile herangebraust kam, zum Eckball. Die letzte halbe Stunde war geprägt von vergeblichen Siegener Angriffsbemühungen, einigen Offenbacher Kontern, bei denen nur der finale Abschluß fehlte, und großartiger Stimmung, die an gute alte Zeiten erinnerte und nach dem Schlußpfiff in tosenden Jubel überging.

Es war ein hochverdienter OFC-Sieg, der höher hätte ausfallen können, der aber dennoch zumindest über Nacht die Tabellenführung brachte. Wesentlich wichtiger war jedoch die Erkenntnis, daß uns um unsere Mannschaft selbst in der Situation, die wir doch alle vor Saisonbeginn am meisten gefürchtet hatten, nicht bange sein muß. Die Ausfälle von Stammkräften wie Binz und Alderigi sowie von Spielern wie Kagiouzis und Tonello, die kräftemäßig im Moment so ihre Probleme haben, wurden mehr als nur kompensiert. Naciri, Schindler, Fossi und der eingewechselte Corrochano fügten sich nahtlos in die Mannschaft ein und setzten deutliche Akzente.

Sollte das Verletzungspech nicht völlig ausufern, wird sich Kader als stark und ausgeglichen genug erweisen, um in dieser Saison weiterhin eine gute Rolle zu spielen. Ramon Berndroth schließlich durfte sich gegen Siegen davon überzeugen, daß eine offensive Spielweise zumindest gegen Gegner, die nicht zu den Topfavoriten gehören, schön und erfolgreich zugleich sein kann. Wir alle dürfen gespannt sein, wie sich unsere Truppe in den kommenden Wochen, in denen wir auf Spitzenteams wie Regensburg, Darmstadt und Wehen treffen werden, verkaufen wird und ob die Topposition in der Tabelle dann immer noch zu halten sein wird.

MK