Bericht vom Spiel
Kickers Offenbach - SV
Eintracht Trier
Zum Spitzenspiel der Regionalliga Süd zwischen
dem Tabellenzweiten aus Offenbach und Eintracht Trier, einem der Favoriten auf
den Aufstieg, fanden sich etwa 10000 Zuschauer am Bieberer Berg ein. Schon bei
der Durchsage der Mannschaftsaufstellungen wurde dem Realisten klar, warum unser
Trainer nicht müde wird, immer wieder vor zu großer Euphorie zu warnen. Durch
den Ausfall von Manni Binz fehlte die entscheidende Schaltstation im Spielaufbau
aus der Abwehr heraus. Dario Fossi als Ersatzmann machte, um es vorwegzunehmen,
seine Sache als Ausputzer fast fehlerlos, konnte jedoch nach vorne keine Akzente
setzen.
Wer allerdings von einem gerade 20 Jahre gewordenen mehr erwartet, und davon
befanden sich auf den Tribünen offensichtlich so einige, der sollte zunächst
einmal seinen Realitätssinn kritisch überprüfen. Von der Routine her haushoch
überlegen, da mit Abwehrrecken wie Prus, Mittelfeldstrategen wie Thömmes und
Kevric sowie brandgefährlichen Stürmern wie Aziz und dem Goalgetter Winkler
angereist, ging Eintracht Trier als Favorit in die Partie. Dennoch wurde schon
in der Anfangsphase deutlich, daß nicht nur die junge OFC-Mannschaft, sondern
auch ihr Gegner mit gehörigem Respekt an die Sache heran ging.
Beide Mannschaften standen recht massiert in der jeweils eigenen Hälfte und ließen
die Angreifer gegen die zahlenmäßige Überlegenheit der Abwehrreihen anrennen.
Offenbach operierte meist mit hohen Bällen, mit denen gegen die großgewachsenen
Trierer Verteidiger nicht viel auszurichten war, die Eintracht versuchte es hin
und wieder mit Kurzpaßspiel, das jedoch spätestens in Strafraumnähe sein Ende
fand. Torchancen blieben folgerichtig Mangelware. Auf Trierer Seite zählte man
einen Weitschuß knapp übers Tor, einen für Verwirrung sorgenden
Eckball, an den sich ein Querschläger auf die Orion-Tribüne anschloß, sowie
einen 35-Meter-Freistoß, den Cesar Thier gerade noch zur Ecke fausten konnte.
Der OFC kam erst kurz vor der Pause zu zwei hochkarätigen Gelegenheiten, beide
durch Spurts von Thorsten Becht über rechts eingeleitet. Sein erster Vorstoß führte
zu einer weiten Flanke auf den zweiten Pfosten, wo sich Tonello hochschraubte
und die Kugel mit dem Kopf erwischte. Der tausendfache Torjubel auf der
Gegengerade erstickte, als man sich bewußt wurde, einer optischen Täuschung
erlegen zu sein, da der Ball irgendwie dann doch noch am Pfosten vorbeigeflogen
sein mußte. Wäre ja auch zu schön gewesen ... kurz darauf spurtete Becht
erneut los, stand plötzlich allein vor dem Keeper und war sicherlich selbst so
überrascht, daß er nicht mehr lupfen, sondern nur noch flach draufhalten
konnte. Zu flach für Triers Torwart, der abwehren konnte. Von den Ereignissen
vor der Pause und dem kämpferischen Einsatz versöhnt, verabschiedeten die Fans
beider Lager ihre Teams in die Pause. Nach dem Wechsel bot sich ein ähnliches
Bild. Offenbach mühte sich vergebens im Spielaufbau, Trier scheiterte an der
sicheren OFC-Deckung, so daß sich das spielerische Niveau der Partie nicht
wesentlich besserte. Der Einsatz stimmte jedoch weiterhin und nicht zuletzt
wegen des mehr und mehr gelbe Farbe ins Spiel bringenden Schiedsrichters und
einiger Rangeleien auf dem Platz kam zunehmend Stimmung im Stadion auf.
Die Einwechslung von Schindler und Becker hätte fast zur OFC-Führung geführt,
als letzterer mit dem Rücken zum Tor stehend den Ball annahm, ihn hochspringen
ließ und aus der Drehung volley abzog. Leider etwas zu unplatziert geschossen
wurde der Ball jedoch zur Beute des Eintracht-Keepers. Zwei halben Chancen des
sehr agilen Matthias Dworschak aus halbrechter Position stand die beste Möglichkeit
der Trierer entgegen, die aus einem Volleykracher im Anschluß an eine Ecke
resultierte. Weit drüber flog dieser Schuß wahrlich nicht und so mußte man
auf OFC-Seite froh sein, nicht doch noch in Rückstand geraten zu sein. Zum unrühmlichen
Höhepunkt der Partie kam es dann kurz vor Schluß, als der bereits verwarnte
Alderigi nach einem harmlosen Foul Gelb-rot sah. Plötzlich mutig geworden
brachte Trier einen dritten Angreifer, um vielleicht doch noch den Sieg
einzufahren, jedoch stand Offenbachs Abwehr mit Fossi, Meyer und Zitouni zu
sicher, um noch gegnerische Chancen zuzulassen. Erfreulich war es einerseits
nicht, daß die zweite Heimpartie in Folge torlos endete, in Anbetracht der
Schwere der Aufgabe kann man aber dennoch zufrieden sein. Der Abwehrblock steht
im Moment sicher wie selten zuvor, was durch fünf (!) hintereinanderfolgende
Spiele ohne Gegentreffer eindrucksvoll zu belegen ist. Andererseits wurden Mängel
im Spielaufbau deutlich. Zumindest teilweise waren sie durch die defensive
Grundeinstellung bedingt, die zu einer permanenten Unterzahl in der gegnerischen
Hälfte führte. Barletta, Dworschak, Becht und Alderigi waren weitgehend mit
Abwehraufgaben beschäftigt, Kagiouzis hatte es schwer, seinem Sonderbewacher zu
entkommen und die Angreifer waren somit auf sich alleine gestellt.
Kann der Abstand nach unten noch vergrößert werden und kommen weniger gefährliche
Gegner als Trier zum Bieberer Berg, ist sicherlich wieder mit einer offensiveren
Spielweise zu rechnen. So manche Partie wird jedoch von verstärkter Vorsicht
geprägt sein und damit auch die Geduld der Zuschauer strapazieren. Wie die
Reaktionen nach dem Abpfiff des Spiels gegen Trier bewiesen, haben die meisten
Fans glücklicherweise begriffen, was in dieser Saison möglich ist und was man
von der Mannschaft besser nicht erwarten sollte.
MK