Panik auf der Titanic - der Bericht
zum Spiel
Kickers
Offenbach - Schweinfurt 05
Als
letzte Woche ein Schreiberling für diesen Bericht gesucht wurde, dachte ich mir,
so schlimm wie letzte Woche kanns ja gar nicht mehr werden. Der Tro hatte ja mit
seinem Bericht die Leserschaft ziemlich gespalten und für lebhafte Diskussionen
gesorgt. Nein, gegen die Schnüdel würden sich unsere Jungs schon wieder
zusammenreissen und so würde mir ein Spielbericht ziemlich leicht von der
Tastatur gehen, also hob ich mal intern vorlaut den Finger und sagte zu...
Unser VorSpiel unter unserer Eiche zeigte mal wieder, wegen was man eigentlich
überhaupt noch Spass hat an Spielen der Kickers. Nein, es ist noch nicht mal der
Alkohol, dem dort ziemlich zügellos gefröhnt wird, vielmehr sind es die
Personen, die man dort trifft und im Laufe der Jahre einfach liebgewonnen hat.
Dies ist mittlerweile wichtiger als das eigentliche Event selbst. Klar wäre es
schöner, wenn sich dies mal wieder ändern würde und ich sagen könnte, ich gehe
zum Berg, weil mir die Kickers einfach eine Spitzenunterhaltung liefert, aber
auch so habe ich dank meiner ganz persönlichen Kickersfreunde genügend Ablenkung
vom gleichsam unangenehmen Arbeitsalltag! Zu Gast war diesmal übrigens auch ein
relativ volltrunkener Schweinfurter, der sich unter starkem Einfluss prozentiker
Getränke als Hühnerfreund outete. Irgendwie war ich über mich selbst verwundert,
dass ich dies einfach so hinnahm, liegt wohl an der Situation um meine Kickers.
Ziemlich unpünktlich führten wir den in jeder Beziehung desorientierten
Frankonia schliesslich in unseren Tempel.
Im Block angekommen verwunderte es diesmal nicht, dass dort noch mehr Platz frei
blieb wie sonst üblich, wie übrigens bis auf eine Ausnahme im gesamten Stadion.
Der einzige Ort im Stadion, der nicht vom allgemeinen Zuschauerschwund betroffen
zu sein scheint, ist wohl der VIP-Raum, was ich ziemlich bedenklich finde.
Trotzdem war die Stimmung unter den Zuschauern zu Beginn wirklich gut, und auch
die Herren auf dem Rasen schienen heute zumindest mal um jeden Zentimeter des
heimischen Grunds fighten zu wollen. Doch bereits nach 15 Minuten kam irgendwie
ein Bruch in unser Spiel.
Unsere beiden Flügel wurden vom Gegner mal wieder gut zugestellt. Judt auf links
schien keinen Stich zu bekommen und Müller auf rechts zeigte zwar gute Ansätze,
doch mit fortwährender Spieldauer merkte man ihm sein im Keller des Bieberer
Bergs befindliches Selbstvertrauen immer mehr an. Es ist ganz einfach niemand
da, der ein junges Talent führt. Gleiches gilt übrigens für Brighache in der
Abwehr und Fiorentino vorne in der Spitze. Happe leistete sich einige
haarsträubende Abspielfehler, während Barletta einen altmodischen Ausputzer
mimte. Gut, einmal kam er über die Mittellinie und fackelte einen Ball Richtung
gegnerisches Tor, aber einmal ist keinmal. Im Mittelfeld haben die Routiniers
Akrapovic und Dworschak zuviel mit ihren eigenen Problemen zu tun, als dass sie
den jungen Müller und Naciri irgendwelche Hilfestellung leisten könnten. Und der
Sturm hing diesmal nicht in der Luft, sondern am Boden, während diesmal einige
für Budtz oder Petry massgeschneiderte Flanken durch den Strafraum des Gegners
flogen. Nur leider sind Fiorentino und Türker nicht gerade für ihr überragendes
Kopfballspiel bekannt.
Irgendwann kam es dann wie es kommen musste und in letzter Zeit immer öfter
passiert. Die Gastmannschaft nutzt die sich ihr bietende Chance und so nimmt
unsere Leidensgeschichte aufs Neue ihren Lauf. Na ja, noch drei oder vier
Minuten zu spielen, also ab in die Kneipe zum Pausentee, wo es immerhin
bleihaltige Getränke zu vernichten galt. Die Kneipe war schon vor dem
Pausenpfiff sehr gut mit niedergeschlagenen Fans bevölkert, die auch die
Nachricht vom mittlerweile gefallenen 0:2 nicht komplett umwerfen konnte. Ratlos
waren wir alle, aber Hoffnung hatten wir trotzdem noch.
Frisch gestärkt gings wieder rüber, erschwert allerdings durch das Offenbacher
Jungvolk, welches sich entschieden haben zu schien, hinter dem Bieberer Tor für
die nötige Stimmung zu sorgen. Im Block 2 angekommen, wurde das wahre Ausmass
dieser Aktion deutlich: Der Block war so leer wie zuletzt in ziemlich öden
Oberligazeiten. Die Fans haben es vielleicht gut gemeint, aber dem Bieberer Berg
seine grösste Stärke geraubt. Block 2 war tot! Nächstes Mal bitte vorher die
Gehirnzellen einschalten, bevor man sich zu so etwas hinreissen lässt...
Die Kickers drückten zunächst vehement auf den Anschlusstreffer. Dworschak hatte
die Möglichkeit und S-Klasse Policella zimmerte eine Hundertprozentige aus
dreimeterfuffzig an die Latte. Nach 15 Minuten war es dann wieder vorbei mit
aller Herrlichkeit und mit dem 0:3 in der 65. Minute brachen dann alle Dämme!
Was nun im Käfig passierte, ist einfach unbeschreiblich, mir fehlen noch heute
die Worte. Die Spieler mit dem Kickerswappen auf der Brust gaben jegliche
Ordnung auf und ergaben sich ihrem Schicksal. Ich dachte eigentlich, nach der
Heimpleite gegen die Bayernamas wäre das Leidenstal eines Kickersfans
durchschritten worden, doch heute kam es noch wesentlich bitterer. Wir wurden
vom Abstiegskandidaten Schweinfurt nach allen Regeln der Kunst vorgeführt,
unsere Truppe zeigte uns aufs Neue einen neuen Höhepunkt ihrer Leblosigkeit. Es
war ganz einfach unfassbar und nicht weiter mit Worten zu beschreiben. Es tat
einfach weh und trieb einem die Tränen in die Augen.
Nach dem Spiel herrschte in der Kneipe Trauer vor und so langsam drangen aus
Richtung VIP-Raum die ersten Gerüchte auf, die wahren Sünder seien mit Dworschak
und Barletta längst ausgemacht. Nur frage ich mich, wieso die Herren dann als
weiter in der Startaufstellung stehen? Nein, so einfach mache ich es mir nicht.
Diese Truppe hat nun mit Berndroth, Schmidt und ja, auch Binz bereits drei
Trainer verschlissen, dem Manni hat sie noch nicht mal eine Chance gegeben.
Nein, ich bin sicher, die wahren Gründe für diesen Niedergang liegen weit tiefer
begründet, als dass man mit dem Rausschmiss von 2-3 weiteren Personen nun klar
Schiff machen könnte. Die Verantwortlichen haben einen Kader zusammengewürfelt,
und zwar ohne Konzept und Rücksicht auf unsere ureigensten Begebenheiten und
Gewohnheiten am Bieberer Berg. Und wenn die Entscheidungsträger ihre
Fehlentscheidungen nicht schnellstens korrigieren und die Truppe auf eine Linie
einschwört, dann folgt als nächstes der wirtschaftliche Niedergang!
Man lasse sich nochmals unsere Vorraussetzungen in dieser Saison auf der Zunge
zergehen: Die Regionalligamannschaft wurde verstärkt, das Ziel Aufstieg von
oberster Stelle verkündet. Die A- und B-Jugend spielen jeweils in den höchsten
Spielklassen, so dass auch von dort in Kürze einiges zu erwarten war. Nicht
zuletzt das B-Team, was bis zum heutigen Stichtag noch die Chance besitzt, in
die Oberliga aufzusteigen. Welcher Klub der Regionalliga kann einen solchen
Unterbau vorweisen? Doch nachdem man in der Jugendabteilung Kleinholz gemacht
hat, greift das Chaos längst auch auf den Käfig über! Wer stoppt endlich diesen
schier unaufhaltbaren Abwärtstrend? 5 vor 12 ist jetzt gerade vorüber...
Mein ganz persönliches Horrorszenario: Nach der bitteren Heimpleite gegen
Waldmichelbach am ersten Novemberspieltag 2004 findet der OFC bei seiner JHV
kein handlungsfähiges Präsidium. Dem OFC droht längst die Insolvenz, die
übriggebliebenen Spieler warten seit Monaten auf ihre Gehaltszahlungen und
Schmidt, Lamm, Kalt und all die Anderen sind längst weg...
Meine Angst um den OFC wird von Woche zu Woche grösser!
Traser 21.3.2004